Interview mit dem Manager Magazin – Immobilienerwerb in Italien

FERIENIMMOBILIEN
Begehrte Alternative

Von Karsten Stumm

Bella Italia: Die Steuern für Immobilienkäufe in Italien sind kräftig gesunken, doch für ausländische Kaufinteressenten bleibt das Land ein schwieriges Pflaster – wenn man nicht vorbereitet ist. Immobilienexperte Jürgen Reiß sagt im Gespräch mit manager-magazin.de, wie Sie die gängigsten Probleme vermeiden.

mm.de: Herr Reiß, ausgerechnet im Hochsteuerland Italien fallen die Abgaben für Immobilienkäufer. Macht sich Italien plötzlich chic für deutsche Ferienhauskäufer? Oder nützen die Beschlüsse in der Praxis niemandem?

Reiß: Doch, durchaus. Am meisten profitiert zwar, wer Wohnungen oder Häuser in Italien vermietet. Aber neuerdings spart auch jeder Steuern, der in Italien ein Gebäude kauft – und selbst darin wohnt.

mm.de: Wie hoch sind die Steuervorteile?

Reiß: In diesem Fall werden nur noch Registersteuern in Höhe von 7 Prozent des Grundstückswertes bei bebauten Immobilien fällig. Dazu kommen Kataster- und Hypothekensteuern in Höhe von 1 bis 2 Prozent des Grundstückswertes. Früher war es viel mehr.

mm.de: Finanzvorteile sind sicher wichtig. Gibt es abseits davon aber vielleicht rechtliche Probleme beim Kauf von Immobilien in Italien, die häufig vorkommen?


Reiß: Ganz klar: Viele Käufer haben mit ihren Vorverträgen Schwierigkeiten. Oft wurden wichtige Vertragsbestandteile in den Verträgen einfach vergessen – zum Beispiel Angaben über die Zahlungsmodalitäten oder über bestehende Mietverhältnisse. Dann aber kann es kritisch werden: Die Leute sind an ihre Vorverträge gebunden, die auch unvollständig gelten. Spätere Vertragsänderungen können richtig ins Geld gehen.

mm.de: Wie weit können solche juristischen Auseinandersetzungen gehen?

Reiß: Sie können sich beispielsweise über Jahre hinziehen und dabei immens viel Geld verschlingen. Ein Beispiel: Einer meiner Italien-Mandanten hatte bei einer Baufirma eine Immobilie gekauft, die er anschließend weiter verkaufen wollte. Das hat soweit auch geklappt; mein Mandant hat relativ zügig einen Interessenten für das Gebäude gefunden, mit ihm einen Vorvertrag über den Weiterverkauf geschlossen – und eine schöne Anzahlung erhalten.

mm.de: Dann hat doch alles funktioniert.

Reiß: Nicht ganz. Der zuerst abgeschlossene Vertrag mit der Baufirma war schlecht gemacht. Er wurde von der Baufirma angefochten. Die Folge: Der Bau blieb während der juristischen Streitigkeiten liegen, und das Gebäude wurde nicht in der Frist fertig, die mein Mandant seinem eigenen Käufer vertraglich zugesichert hatte. Unterm Strich saß mein Mandant in einem mehr als fünfjährigen Rechtsstreit mit sämtlichen Beteiligten zwischen allen Stühlen.

mm.de: Was könnte ich beispielsweise im Vorfeld erledigen, um solchen Problemen aus dem Wege zu gehen?

Reiß: Sie sollten fachkundige Hilfe in Anspruch nehmen. Guter Rat im Vorfeld ist in jedem Fall Kosten sparender als nach dem Vertragsschluss einen eventuell mehrjährigen Rechtsstreit in Italien zu führen. Und in den Verträgen sollte klipp und klar stehen, dass der Käufer für öffentliche Lasten und Steuern oder Sachmängel nicht einsteht.


mm.de: Immer wieder werden Immobilieninteressenten in Italien Gebäude weit unterhalb des Verkehrswertes angeboten, damit Käufer und Verkäufer sowohl Grunderwerbs- als auch Gewinnsteuern sparen. Wie sollen sich Immobilieninteressenten bei solchen Offerten verhalten?

Reiß: Das muss jeder Käufer selbst entscheiden. Akzeptiert er solche Vorschläge, spart er teils kräftig beim Kaufpreis. Dafür verstößt er gegen italienische Gesetze; Experten sprechen in solchen Fällen von Unterverbriefung. Als Jurist muss ich natürlich davon abraten.

mm.de: Auf welche Strafe sollte man sich gefasst machen – oder können Ertappte ihren Vertrag genauso nachträglich legalisieren lassen wie Schwarzbauten?

Reiß: Ganz und gar nicht. Dieses Mal drohen sogar empfindliche Strafen. Italiens Steuerbehörde kann beispielsweise die tatsächlich geschuldete Steuer verdoppeln und verdreifachen. Dazu kommt eine Geldstrafe zwischen 10 und 15 Prozent des nicht angegebenen Grundstückswertes.

mm.de: Wer einen Schwarzbau kauft, riskiert bei späteren Um- oder Anbauten große Probleme mit den Baubehörden. Woran erkennt man, dass die angebotene Immobilie illegal errichtet worden ist?

Reiß: Indem man sich auch für An- und Umbauten die ehemalige Baugenehmigung vorlegen lässt. Das Dokument brauchen Sie übrigens ohnehin; ohne die Genehmigung wird kein Kaufvertrag wirksam. Noch ein Tipp: Sollte der Bau schwarz hochgezogen worden sein, sollte sich der Besitzer das Gebäude nachträglich von den Behörden legalisieren lassen. So was geht in Italien. In jedem Fall sollte sich der Käufer eine Bescheinigung über die Legalisierung vorlegen lassen.

mm.de: Erbschaft- und Schenkungsteuer sind in Italien teilweise abgeschafft worden. Können Bundesbürger dennoch auf rechtliche Probleme stoßen, wenn sie ihr Erbe in Italien antreten wollen?

Reiß: Das können sie. Nicht entfallen ist nämlich die Verpflichtung zur Abgabe einer so genannten Erbschaft- und Schenkungsteuererklärung, falls Grundbesitz oder dingliche Rechte, wie ein Nießbrauch oder eine Hypothek an einer Immobilie, übertragen werden. Wer so eine Erklärung nicht abgibt, geht als Immobilienerbe leer aus.
mm.de: Nun spricht nicht jeder deutsche Erbe italienisch. Gibt es deshalb vorformulierte Erbschaftserklärungen, die deutsche Erben nutzen können – und wo sind die zu bekommen?

Reiß: Italienische Konsulate sollten solche Erklärungen in deutscher Sprache vorrätig haben. In der Praxis ist das aber leider nicht immer der Fall.

mm.de: Lohnt der Abschluss einer besonderen Rechtsschutzversicherung, falls der Kauf einer Immobilie in Italien geplant ist – und welche Art von Versicherung hat sich aus Ihrer Erfahrung bezahlt gemacht?

Reiß: Eine Rechtsschutzversicherung lohnt in jedem Fall, die gängigsten Rechtsstreite können damit in der Regel ohne ausufernde Zusatzkosten erledigt werden.

mm.de: Rechtsschutzversicherungen haben ihre Tücken: Die Versicherungen werden zumeist erst drei Monate nach Abschluss gültig. Müssen Immobilieninteressenten noch auf andere Fallstricke achten?

Reiß: Das kommt darauf an. Wer nicht nur vertragliche Ansprüche absichern will, sondern auch Forderungen aus Eigentum und Wohnraumvermietung absichern will, sollte notfalls eine Zusatzversicherung für das konkrete Kaufobjekt abschließen.

mm.de: Herr Reiß, falls Sie in Italien eine Wohnung oder ein Haus kaufen wollten, in welcher Gegend würden Sie derzeit suchen?

Reiß: Natürlich in Bologna. Oder am Comer See, was aber erst für das Rentenalter in Betracht käme.

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